Was geschieht nun wenn ein Spieler sich für eine Rasse oder Kultur entschieden hat?
Vergessen Sie nicht, daß eine andere Rasse etwas völlig anderes ist als eine andere Kultur. Nehmen wir als Beispiel die Kulturen auf unserer Erde. Sie haben zuerst einmal die verschiedenen Kontinente. Innerhalb der Kontinente sind jeweils unterschiedliche Kulturen angesiedelt. Wir haben in Europa beispielsweise Deutsche, Spanier, Franzosen, Briten, etc. Jedes dieser Völker hat eine eigene Identität und Kultur. Außerdem eine eigene Sprache, Geschichte, etc. Innerhalb der verschiedenen Völker haben wir weitere Unterteilungen. Großbritannien unterscheidet den Waliser, den Schotten, den Britten, etc. Spanien unterscheidet die Basken, die Balearen, etc. In Deutschland haben wir die Hessen, die Bayern, die Schwaben, etc. Sie können diese Kette beliebig weiterdenken. Nun überlegen Sie mal, Sie würden ein Buch „Alles über den Bayern“ schreiben. Sollten Sie jetzt Ober-, Mittel-, und Unterfranken pauschal mit in dieses Buch nehmen, werden Sie wahrscheinlich gelyncht. Sie sollten also für Ihre Rasse bei Thorg keinerlei pauschales Urteil fällen. Nur Sie selbst wissen was für Sie ein Tlesh, ein Kensai oder ein Marjag bedeutet.
Die größte Gefahr, und gleichzeitig die einfachste Möglichkeit, liegt in dem Bedienen von Klischees. „Mein Zwerg, säuft, raucht, fu…zt und zieht sein Kettenhemd niemals aus.“ Nun gut. „Mein Elf trägt Strumpfhosen, ist ein Schöngeist und hat ein Ausklappbild vom Bogen des Monats dabei.“ Aha. „Mein Halbling nimmt gerade sein zwölftes Frühstück zu sich und bereitet dabei sein Mittagessen vor.“ Ähm, in Ordnung. „Meine Tlesh hat gerade einen neue Lederrüstung erstanden und braucht jetzt passende Schuhe und Accessoires.“ Wie?
Die Frage ist nun, haben diese Spieler eine andere Kultur dargestellt?
Meiner bescheidenen Meinung nach nicht. Wie kann man also eine Kultur darstellen, die sich von anderen unterscheidet? Als ersten Hinweis möchte ich die Ethnologische Bibliothek ihrer Universität oder Bücherei empfehlen. Man glaubt gar nicht was sich außerhalb des eigenen Erfahrungshorizontes so abspielt. Wenn Sie zum Beispiel eine Kultur mit Stammesritualen und Steppenleben kennen lernen wollen, die in mancher Literatur als altruistisch beschrieben wird, schauen Sie unter den Kung im südlichen Afrika nach (ein unvergessenes Seminar). Wenn Sie eine homophile Kultur mit ausreichend Knabenliebe wollen schauen Sie bei den antiken Griechen vorbei. Falls sie traditionellen Sex mit minderjährigen unvorstellbar finden lesen Sie ein Buch über die Massai. Wenn Sie Adlerweibchen beibringen wollen Wölfe zu jagen, informieren Sie sich über sibirische Nomadenvölker. Falls Sie Klöster mit Mönchen kennen lernen wollen die an nichts göttliches glauben, lernen Sie den japanischen Zen Buddhismus kennen. Ich schmökere oftmals in Ethnologie Büchern um Inspiration für Eigenarten meiner Charaktere zu bekommen.
Die zweite wichtige Methode ist die spontane Improvisation. Wenn Sie einen Marjag spielen der durch den Dschungel wandert haben Sie unzählige Möglichkeiten ihren Speiseplan zu erweitern. Schlangen, Affenhirn, riesige Vogelspinnen, Papagei, etc. Zu jeder Tierart die richtige Sauce zu finden war gar nicht so einfach für mich. Nachts habe ich meine Kameraden mit einem Wolfsheulkonzert wachgehalten. Ich dachte mir, wenn beide Monde Vollmond haben müssen die großen Marjag Astronomen irgendein Ritual haben. Also rasch mal die Monde angeheult um Bruder und Schwester zu ehren. Überlegen Sie sich in den verschiedensten Situationen einen Habitus der Sie von anderen Kulturen unterscheidet. Vielleicht gibt es in ihrer Umgebung auch Menschen die eine ganz besondere Marotte haben.