Thorg Rollenspiel Alles über Thorg, Rollenspiel und so

Juni 20, 2013

Ein Lob auf die Komplexität

Filed under: Rollenspiel — Schlagwörter: , , — admin @ 16:18

Aufgrund meiner ausgiebigen Reisetätigkeit verbringe ich Momente am Flughafen oftmals mit dem Nachdenken über mein Hobby. Dabei versuche ich das für und wider von Designentscheidungen für ein Rollenspielsystem abzuwägen. Nachdem ich jetzt ein paar Blog Beiträge über Attribute (Klugheit, Charisma, usw.) gelesen habe, stelle ich mir die Frage ob Vereinfachung im Rollenspiel wirklich notwendig ist. Und ob es wirklich Attribute gibt die keiner braucht. Ein langjähriger Rollenspielkollege hat schon lange die Meinung vertreten der Wert Aussehen in THORG sei unnötig, was andere Mitspieler naturgemäß auch anders sahen. Ich persönlich habe immer die Meinung vertreten das dieses Attribut zum Flair beiträgt und den Spielfluß nicht behindert.

Was mir einfach nicht einleuchten will ist die Anforderung dass ein Regelwerk (auch die Charaktererschaffung) einfach sein soll. Zum einen mache ich die Charaktererschaffung im Normalfall nur einmal im Charakterleben, und daher kann sie auch länger dauern. zum anderen halte ich die Möglichkeit meinen Charakter auszubauen und zu stärken für eine Motivation.

Was mich in PC Spielen oftmals nervt ist das Gefühl nicht wirklich stärker zu werden. Die Monster wachsen normalerweise einfach mit, und trotz meiner unzähligen magischen Gegenstände, Stufenanstiege, Fähigkeiten, etc. kommt es zu keinem Moment zu dem Gefühl das mein Charakter wirklich eine Entwicklung durchgemacht hat. Betrachten wir MMOG (ich glaube nicht das es MMORPG gibt da kein RP stattfindet) ist die Freude am Optimieren durchaus verbreitet. Wenn ich einen Rollenspielcharakter erstelle möchte ich nach einigen Abenteuersitzungen das Gefühl haben das er eine Entwicklung durchgemacht hat. Die geht meines Erachtens nach am besten mit
a) Attributen
b) speziellen Fähigkeiten
c) ansteigende Möglichkeit Schaden auszuhalten
d) vielfältigen Methoden den Charakter auszubauen

Das dabei die Komplexität des Regelsystems ansteigt (was sie nicht muss) nehme ich gerne in Kauf. Ich weiß das zunehmend mehr Menschen im Alltag nach einer Vereinfachung streben und die Medien Komplexität soweit reduzieren das die Wirklichkeit gar nicht mehr zu erkennen ist, das will ich aber nicht. Eine Vereinfachung nur um der Vereinfachung willen bringt mir keinen zusätzlichen Spielspaß. Im Zeitalter von Tablets, Laptobs und PDFs sind Regelwerke mit mehr als einer Seite ohnehin keine Herausforderung mehr. Da kann man die Suchenfunktion bemühen und ruck zuck hat man die Stelle im Regelbuch gefunden. Außerdem kann man den Weg von Warhammer gehen (den ich sehr gut finde) und die Regelmechanismen auf Karten drucken (den Gedanken hatte ich für THORG seit ich Magic kannte, habe ihn aber leider nie konsequent umgesetzt).

Die Komplexität erlaubt mir an vielen verschiedenen Stellen meinen Charakter auszubauen und zu verfeinern. Wenn ich dafür die Grundrechenarten bemühen muss stellt das keine intellektuelle Herausforderung für mich dar. Zahlenkauen und Charakteroptimierung können zum Spaß beitragen, insbesondere wenn der hoch optimierte Charakter an seiner Paradedisziplin scheitert.

Attribute wie Ausstrahlung, Aussehen oder Charisma sind nicht zwingend notwendig aber sie können einen Charakter und ein System mit Flair ausstatten.

Robert Graves sagte: „Every English poet should master the rules of grammar before he attempts to bend or break them.“ Anders ausgedrückt: wenn ich komplexe Situationen abstrahieren möchte und die Freiheitsgrade zu sehr reduziere, dann bilde ich die Wirklichkeit nicht mehr ab. Je mehr ich im Regelsystem vereinfache um so mehr überlasse ich die Entscheidungen der Willkür oder dem Spielleiter.

Mancher könnte jetzt sagen: „Mathematik hat in einem Rollenspiel nichts zu suchen.“ Diese Entscheidung sollte man der Gruppe bzw. den einzelnen Spielern überlassen. Komplexität in einem Rollenspiel ist kein Kriterium für ein gutes oder schlechtes RSP, sondern eine Designentscheidung.

Juni 11, 2013

8 Dinge die ich in jedem Regelsystem vermisse

Filed under: Rollenspiel — Schlagwörter: , , — admin @ 19:48

Mein Subjektiver Eindruck ist folgender: Es wird viel Wert auf Plausibilität gelegt, schlanke Kampf- und Erschaffungsregeln, etc. Es sollte aber eigentlich auch die sogenannte Metaebene bedacht werden, also die Dinge die ein Einwohner als gegeben erkennt derer er sich aber nicht als „Regel“ bewußt ist.
1) Magie verändert eine Gesellschaft
Als ich meine Hintergrundwelt Erdec erschaffen habe machte ich mir auch Gedanken über die Magie und ihre Einflüsse. Wenn es heilende Magier und Priester gibt, welche Bedeutung haben dann Krankheiten und Wunden? Welche Rolle spielt Magie bei Schlachten und Belagerungen? Gibt es dann überhaupt Burgmauern? Welche Gesetze zur Magie gibt es? Gibt es eine Magierpolizei die Ihre eigenen Kollegen überwacht? Die Fragen sind endlos und die Antwort das es Akademien gibt greift zu kurz.
2) Es gibt Götter
Beachten wir einmal die Auswirkungen der Religion auf der Erde. Es gibt Glaubenskriege, Fundamentalismus, fortschrittsfeindliche Organisationen, Inquisition, Priester die eine Deutungshoheit beanspruchen, etc. Und das OHNE einen Gottesbeweis. Was wäre denn wenn wir mit Sicherheit etwas über die Existenz eines Gottes oder Götter wüßten? Man braucht mehr als ein „Vademecum“ und selbst das bis ins Detail beschriebene DSA hat eine sehr kindliche Sicht auf die Auswirkungen eines in die Welt eingreifenden Gottes.
3) Völker und ihre Verhaltensweisen
Vergessen Sie nicht, daß eine andere Rasse etwas völlig anderes ist als eine andere Kultur. Nehmen wir als Beispiel die Kulturen auf unserer Erde. Sie haben zuerst einmal die verschiedenen Kontinente. Innerhalb der Kontinente sind jeweils unterschiedliche Kulturen angesiedelt. Wir haben in Europa beispielsweise Deutsche, Spanier, Franzosen, Briten, etc. Jedes dieser Völker hat eine eigene Identität und Kultur. Außerdem eine eigene Sprache, Geschichte, etc. Innerhalb der verschiedenen Völker haben wir weitere Unterteilungen. Großbritannien unterscheidet den Waliser, den Schotten, den Britten, etc. Spanien unterscheidet die Basken, die Balearen, etc. In Deutschland haben wir die Hessen, die Bayern, die Schwaben, etc. Sie können diese Kette beliebig weiterdenken. Nun überlegen Sie mal, Sie würden ein Buch „Alles über den Bayern“ schreiben. Sollten Sie jetzt Ober-, Mittel-, und Unterfranken pauschal mit in dieses Buch nehmen, werden Sie wahrscheinlich gelyncht.Die größte Gefahr, und gleichzeitig die einfachste Möglichkeit, liegt in dem Bedienen von Klischees. „Mein Zwerg, säuft, raucht, fu…zt und zieht sein Kettenhemd niemals aus.“ Nun gut. „Mein Elf trägt Strumpfhosen, ist ein Schöngeist und hat ein Ausklappbild vom Bogen des Monats dabei.“ Aha. „Mein Halbling nimmt gerade sein zwölftes Frühstück zu sich und bereitet dabei sein Mittagessen vor.“ Ähm, in Ordnung. „Meine Tlesh hat gerade einen neue Lederrüstung erstanden und braucht jetzt passende Schuhe und Accessoires.“ Wie?
Die Frage ist nun, haben diese Spieler eine andere Kultur dargestellt?
Meiner bescheidenen Meinung nach nicht.
4) Das Wirtschaftssystem
Häufig bekomme ich die Information das es Geld gibt und das es Warenströme zu geben scheint. Aha. Ich erwarte jetzt keinen Ausflug in Fantasie VWL aber das die Wirtschaft sich auf das Individuum auswirkt wissen wir spätestens seit Marx. Das Problem wird bei den langlebigen Völkern besonders deutlich. Wenn ich 1000 Jahre alt werde und Krankheiten mir nichts anhaben können, dann wird es wahrscheinlich keine große Kultur der Vorsorge geben aber sehr lange Lern- und Ausbildungszeiten. Manche Bedürfnisse entstehen erst gar nicht und müssen daher nicht gestillt werden. Auch hier spielen wieder die Magier und die Priester eine Rolle (Nahrung, Wasser, etc.)
5) Die Gesetze und die Erkenntnisse durch Magie/Psi/Priester
Wenn es eine Möglichkeit gibt Lebewesen Mental zu durchleuchten, warum gibt es dann Gesetztesbrecher? Warum existiert keine allwissende Geheimpolizei in einem Priesterstaat?
Ein Regelwerk sollte versuchen auf diese Fragen Antworten zu geben.
6) Sprachen
Man geht oftmals von einer allgemeinen Sprache aus um die Dinge zu vereinfachen. Wie wir wissen bestimmt Sprache zu bestimmten Teilen das Denken und das Bewußtsein. Sprache spiegelt auch die Kultur in der sie lebt. Tolkien hatte zwar Sprachen entwickelt und wußte viel über sie, aber Theorien über Sprache und ihr Wirken auf die Gesellschaft entstehen erst teilweise mit der Veröffentlichung in den 50er Jahren. Elfisch, Zwergisch und andere Sprachen sollten die oben genannten Punkte wiederspiegeln.
7) Gesellschaftliche Normen und Moralvorstellungen
Wir finden Moral und Ethik in allen Kulturen (Konfuzius, Platon, Aristoteles, Vorsokratiker, etc.). Ich halte es für unwahrscheinlich das alle Völker und Kulturen da einen Konsens haben. Betrachtet man die Komplexität in unserer Welt (Asien, Europa, Afrika, Amerika, etc.) sollten die Unterschiede im Fantasie Bereich größer sein (und über das Klischee Zwerg kann Elf nicht leiden) hinausgehen. Das alles gehört auch zum Thema Charaktererschaffung und Beschreibung der Völker und Kulturen in einem Regelwerk.
8) Wundheilung
Menschen die mich kennen wissen das ich lange in der präklinischen Notfallmedizin gearbeitet habe. Wenn ich Trefferzonentabellen und Wundheilung in RS Systemen sehe und dann lese „schnelle, realistische Kampfregeln“ könnte ich kotzen.
Alleine die Vernachlässigung von Hormonen spricht für sich. D&D 4 hat dann den Vogel abgeschossen (healing surge).
Mein Fazit: es reicht nicht das man nur einen Würfel benutzt oder ein schnelles System hat oder ein number cruncher System entwickelt. Ein revolutionäres, neues System sollte Antworten geben können die tiefer gehen.
Das ist eine Herausforderung.

Juni 10, 2013

Warum gibt es soviele Versuche ein Rollenspiel zu schreiben aber so wenig neue Welten?

Filed under: Rollenspiel — Schlagwörter: , , , — admin @ 17:24

Für den Interessierten Rollenspieler gibt es unzählige Foren, Blogs usw. über Rollenspielsysteme, deren Vor- und Nachteile, Metatheorien etc. Was ich vermisse sind spannende Welten und Settings. Bei einem Blick auf https://en.wikipedia.org/wiki/Dungeons_%26_Dragons_campaign_settings und https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_campaign_settings fällt auf: es gibt eine starke Dominanz von D&D, was nicht weiter verwunderlich ist. Es scheint aber keine neue Entwicklung oder Diskussion in diesem Bereich zu geben. Was jedoch meines erachtens wirklich wichtig für das Spielerlebnis ist, ist die Welt in der die Charaktere leben und ihre Abenteuer bestehen. Auch bei den Abenteuern scheint ein gewisser Stillstand erreicht zu sein. Es gibt zwar ständig neue Publikationen, deren Qualität ist nach meiner Meinung jedoch diskussionswürdig.
Der neue DSA Kontinent scheint auch keine Offenbarung zu werden. Mal abgesehen davon das ich einen Band a la Milchkannen, Kühe und Landwirte oder den 100 Atlas nicht brauche.
Ungewöhnliche Völker, spannende Umwälzungen wie in Fire and Ice oder Romane wie die von Drizzt bringen mir deutlich mehr als Theorien über Rollenspielsysteme. Wie in dem Artikel „Baut euch ein Multiversum“ angedeutet haben wir einen Mangel an Originalität und Neuerungen im Bereich Kampagnen in spannenden Welten. Insbesondere Anfänger im Rollenspiel könnte ein gut geschriebener Hintergrund einer Kampagnenwelt (Wheel of Time, Herr der Ringe, Drachenlanze, Conan, Lankhmar etc.) zum Hobby führen und Ihnen den Einstieg in das Hobby stark erleichtern. Der letzte Versuch dem Genre einen neuen Touch zu geben war in meiner Wahrnehmung Dark Sun und Planescape.
Ich glaube das Hobby braucht keine neuen oder „besseren“ Rollenspielsysteme sondern Kampagnen und Welten und die Diskussion sollte in diesem Bereich intensiver werden.

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